Das „new kid on the block“: Foreign Subsidies Regulation
Seit Ende letzten Jahres findet die neue EU-Verordnung über drittstaatliche Subventionen („Foreign Subsidies Regulation“) vollständig Anwendung. Sie sorgt für mehr Chancengleichheit und ein „level playing field“ auf dem EU-Binnenmarkt. Ergänzend zum Beihilfe-, Fusionskontroll-, Vergabe- und Außenhandelsrecht der EU können drittstaatliche Subventionen an Unternehmen nun umfassend auf mögliche Auswirkungen auf den EU-Binnenmarkt untersucht werden. Der noch ungeklärte Maßstab der materiellen Prüfung dürfte sich dabei weitgehend am EU-Beihilferecht orientieren.
Die neue Verordnung gibt der Europäischen Kommission drei Instrumente für die Prüfung drittstaatlicher Subventionen. Diese hat einen zunehmenden Gebrauch ihrer neuen Untersuchungsbefugnisse in den kommenden Monaten angekündigt und will schrittweise die hierfür erforderlichen Kapazitäten schaffen.
M&A-Transaktionsinstrument
Fortan trifft Unternehmen im Rahmen von M&A-Transaktionen bei Überschreiten gesetzlich bestimmter Schwellenwerte – zusätzlich zu etwaigen anderen regulatorischen Anmeldepflichten (z. B. Fusionskontrolle) – eine weitere Anmeldepflicht. Mit einher geht eine bußgeldbewehrte Stillhalteverpflichtung bis zur „Freigabe“ durch die Europäische Kommission.
Demzufolge ist die zusätzliche Anmeldepflicht bereits bei der Vertragsgestaltung und in Due Diligence Prozessen zu berücksichtigen („M&A-Readiness“). Da schon die Prüfung der Anmeldepflicht erhebliche Informationsmengen und sorgfältige Vorbereitungen erfordert, sollten Unternehmen trotz des nicht zu vernachlässigenden Organisations- und Kostenaufwands ein internes Reporting System schaffen. Vergleichbar mit den Klauseln zur fusionskontrollrechtlichen Anmeldung sind Informationsbeschaffung, Anmeldung und Stillhalteverpflichtung auch in den Verträgen abzubilden. Die Bedeutung der M&A-Readiness wird durch die nennenswerte Anzahl von Notifizierungen und Prä-Notifizierungen bei der Europäischen Kommission bereits in den ersten Wochen seit Inkrafttreten der Anmeldepflicht ersichtlich. Es dürfte mit deutlich mehr als den ursprünglich vermuteten ca. 30 Anmeldungen pro Jahr zu rechnen sein.
Vergaberechtsinstrument
Bei Überschreiten der vorgesehenen Schwellenwerte erstreckt sich die Meldepflicht auch auf öffentliche Vergabeverfahren. Die Meldung muss in diesem Fall mit der Einreichung eines Angebots oder eines Antrags auf Teilnahme am Vergabeverfahren erfolgen.
Ex officio-Untersuchungsinstrument
Eine umfassende und weitreichende Kontrolle drittstaatlicher Subventionen ergibt sich nicht zuletzt auch durch die Prüfungskompetenz von Amts wegen. Dabei besitzt die Europäische Kommission ein sehr weites Aufgreifermessen.
Über Beschwerden bei der Europäischen Kommission kann das Ex officio-Untersuchungsinstrument von Unternehmen auch als Mittel gegen Wettbewerber instrumentalisiert werden. Auf erste Beschwerden durch Fußballclubs und -verbände im vergangenen Jahr reagierte die Europäische Kommission allerdings zurückhaltend. Sie erklärte, zunächst die Prüfung im Rahmen des M&A-Transaktions- und des Vergaberechtsinstruments zu priorisieren. Jedoch kündigte die Europäische Kommission kürzlich an, die neu eingeräumten Befugnisse im Windturbinensektor nutzen zu wollen. Unternehmen wurden explizit aufgefordert, mögliche unfaire, wettbewerbsverzerrende Zustände zu melden. Es bleibt demnach abzuwarten, inwieweit das Ex officio-Untersuchungsinstrument von Unternehmen künftig als „scharfes“ oder lediglich „stumpfes“ Schwert gegen Wettbewerber eingesetzt werden kann.
Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2024. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.