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Verlängerung der Kfz-GVO und Anpassung der Leitlinien für den Kraftfahrzeugsektor

12.05.2023

Am 17.04.2023 hat die europäische Kommission die eigentlich am 31.05.2023 auslaufende Gruppenfreistellungsverordnung für den Kraftfahrzeugsektor („Kfz-GVO“) um weitere fünf Jahre verlängert.

Die Europäische Kommission betrachtet die Kfz-GVO auch weiterhin als ein wirkungsvolles Instrument, um sicherzustellen, dass vertikale Vereinbarungen in der Automobilbranche mit den EU-Wettbewerbsvorschriften im Einklang stehen. Dies deshalb, weil sich die Wettbewerbsverhältnisse in der Kfz-Branche nach Auffassung der Kommission seit ihrer letzten Evaluierung im Jahr 2010 nicht wesentlich geändert haben.

Ferner stellt die Kommission aber fest, dass sich die Kfz-Branche gegenwärtig in einem ökologischen und digitalen Wandel (etwa durch die zunehmende Etablierung der Elektromobilität und der Digitalisierung von Fahrzeugen) befinde, der den gesamten Sektor einem großen Transformationsdruck aussetze. Wohl um diesem Wandel während der verlängerten Laufzeit der Kfz-GVO Rechnung zu tragen, hat die Kommission daher ihre Ergänzenden Leitlinien für den Kraftfahrzeugsektor aktualisiert und insbesondere das zunehmend wichtige Thema fahrzeuggenerierter Daten aufgegriffen. So stellt die Europäische Kommission in ihren Leitlinien beispielsweise nicht mehr allein auf „technische Informationen“ ab, sondern spricht allgemeiner nur noch von „Input“, der neben technischen Informationen auch Werkzeuge, Schulungen und fahrzeuggenerierte Daten umfasst (vgl. Tz. 62 der Leitlinien).

Eine weitere Neuerung liegt darin, dass die Kommission ein Prüfschema für die Frage bereitstellt, ob die Vorenthaltung von bestimmtem Input dazu führt, dass die betreffende Vereinbarung von Art. 101 AEUV erfasst wird. Maßgeblich ist danach, a) ob der jeweilige Input für Reparatur und Wartung von wesentlicher Bedeutung ist, b) der Input diskriminierungsfrei zugelassenen Werkstätten und unabhängigen Marktteilnehmern gleichermaßen zur Verfügung gestellt wird und c) ob der betreffende Input letztlich für die Instandsetzung und Wartung von Kraftfahrzeugen oder für andere Zwecke wie die Herstellung von Ersatzteilen oder Werkzeugen genutzt wird (vgl. Tz. 62a der Leitlinien). Soweit die Vorenthaltung von Input mit Sicherheitsgründen begründet werden soll, muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden (vgl. Tz. 62b der Leitlinien).

Schließlich enthalten die Ergänzenden Leitlinien in Tz. 68a eine ausdrückliche Warnung, dass das einseitige Vorenthalten eines bestimmten Inputs einschließlich der Vorenthaltung fahrzeuggenerierter Daten den Missbrauchstatbestand nach Art. 102 AEUV erfüllen kann.

Mit den aktualisierten Leitlinien hat die Kommission den Kfz-Herstellern Leitlinien zum rechtlichen Umgang mit „Inputs“ im Verhältnis zu unabhängigen Marktbeteiligten an die Hand gegeben. Für Unternehmen gilt es nun, bestehende Vereinbarungen und ihre Verhaltensweisen daraufhin zu überprüfen, ob die von der Kommission neu aufgestellten Voraussetzungen erfüllt werden.