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Slowakei: Insolvenzvoraussetzungen und Einleitung eines Insolvenzverfahrens

07.09.2020

Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage fällt es vielen Unternehmen schwer, ihre Schulden zeitnah zu begleichen. Wenn ein Unternehmen vom Bankrott bedroht ist, muss es alle Maßnahmen zu dessen Überwindung treffen (siehe dazu Artikel „Gesellschaft in Krise“). Wenn es sich jedoch dem Unternehmen nicht gelingt, die Situation zu verkraften, steht ein Insolvenzverfahren unmittelbar bevor. 

Wann ist also ein Insolvenzverfahren unvermeidlich? Welche Verantwortung übernehmen die Geschäftsführer? Und wie kann sich ein Unternehmen mithilfe des vorübergehenden Rechtsschutzes schützen?

Wann ist ein Insolvenzverfahren unvermeidbar?

Insolvenz dient als ein Mittel für Schuldner, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen können. Der Zweck einer Insolvenz ist die kontrollierte Monetisierung des Vermögens des Schuldners. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens hängt mit entweder der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des betroffenen Unternehmens zusammen.

Wann ist ein Unternehmen zahlungsunfähig?

Eine Gesellschaft gilt als zahlungsunfähig, wenn sie mindestens zwei Gläubiger hat und bei mindestens zwei monetären Verpflichtungen zumindest 30 Tage in Zahlungsverzug gerät. Zur Deckung der Verpflichtungen kann das Unternehmen seinen finanziellen Vermögenswert, vor allem Finanzmittel, Forderungen aus Bankkonten, Bankeinlagen, und in bestimmten Fällen auch Geldforderungen und Schuldverschreibungen, verwenden. Die Zahlungsunfähigkeit betrifft somit nur finanzielle Verpflichtungen, und das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Gesellschaft, das zukünftig potentiell zur Deckung finanzieller Pflichten benutzt werden kann, spielt keine Rolle. 

Wann ist ein Unternehmen überschuldet?

Eine Gesellschaft gilt als überschuldet, wenn sie mindestens einen Gläubiger hat und der Wert deren finanziellen Verpflichtungen höher als der Wert deren Vermögens ist. Die eigentliche Überschuldung kann aufgrund eines sog. Bilanztests, im Laufe dessen das Vermögen und die Verpflichtungen des Unternehmens gegeneinandergestellt werden, festgestellt werden. Der Wert des Vermögens wird ermittelt anhand der Buchhaltungsunterlagen oder aufgrund eines Sachverständigengutachtens. 

Wer kann den Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens stellen? 

Der Antrag kann entweder von einem der Gläubiger oder vom Schuldner gestellt werden. Den Gläubigern wird es empfohlen, den Antrag immer zu stellen, da sich dadurch die Wahrscheinlichkeit der Befriedigung ihrer Forderungen erhöht. Die Gläubiger stellen den Antrag immer auf Grund der Insolvenz des Schuldners, und nicht aufgrund der Überschuldung. Um den Antrag stellen zu können, muss die Insolvenz vom Gläubiger begründet vermutet werden und der Antrag kann erst nach vorheriger schriftlicher Mahnung seitens eines der Gläubiger an den Schuldner folgen. 

Wenn muss ein Unternehmen den Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens stellen?

Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig, kann es den Antrag stellen. Ist ein Unternehmen jedoch überschuldet, muss es den Antrag stellen, und zwar binnen 30 Tage, nachdem es festgestellt hat oder, unter Anwendung professioneller Sorgfalt, hätte feststellen können, dass es überschuldet ist. Außerdem müssen Unternehmen den Überblick über ihre finanzielle Lage, Vermögenswerte und Forderungen behalten. 

Welche Verantwortung haben statutarische Organe? 

Wenn das statutarische Organ einer Gesellschaft den Antrag nicht zeitnah stellt, muss es eine gesetzliche Geldbuße von 12.500 EUR an die Gesellschaft zahlen. Seit 2018 verantworten statutarische Organe auch für den wegen des nichtgestellten Antrags bei den Gläubigern verursachten Schaden. Dies kann dazu führen, dass die Summe des Schadens der Summe der nichtbefriedigten Forderungen gleicht, und die Mitglieder der statutarischen Organe selbst Insolvenz anmelden müssen.

Wie kann sich ein Unternehmen schützen?

Im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Folgen der gegenwärtigen Pandemielage wurde ein neues Konzept des vorübergehenden Rechtsschutzes in die slowakische Gesetzgebung aufgenommen. Durch diesen können sich nun jene Unternehmen schützen, die mit vielen Forderungen in Zahlungsverzug geraten sind oder die einen signifikanten Umsatzrückgang verzeichnen. Der vorübergehende Rechtsschutz gilt bis 1. 10. 2020, kann aber von der Regierung bis zum 31. 12. 2020 verlängert werden. Außerdem arbeitet die Regierung momentan auf weiteren legislativen Maßnahmen zur Einführung einer informellen Umstrukturierung, die der Zustimmung der Gläubiger unterliegen soll, mit Wirksamkeit ab 2021.

Dies ist nur eine Übersicht über die Insolvenzvoraussetzungen und die Einleitung eines Insolvenzverfahrens. Die gesetzliche Regelung ist wesentlich komplexer und ihre Anwendung erfordert eine eingehende Prüfung jeden Einzelfalls.