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Plattform­arbeit: Strengere Regulierung rückt näher

14.12.2023

Wir berichteten an dieser Stelle in der Vergangenheit bereits in einem Newsbeitrag über die Bestrebungen der Europäischen Kommission, die Plattformarbeit strenger zu regulieren. Insbesondere sollen die in diesem Bereich tätigen Personen verstärkt in die Sozialversicherungssysteme einbezogen sowie deren Rechte umfassend erweitert werden. Dem lag der Richtlinienvorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit (COM(2021) 762 final) zugrunde.

Bestandteile des Richtlinienvorschlages

Zentraler Bestandteil des Vorschlages ist es, die tätigen Personen entgegen der derzeit weitverbreiteten Praxis per Gesetz als Arbeitnehmer zu qualifizieren, wenn zwei der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. Festlegung der Höhe der Vergütung bzw. von Obergrenzen der Vergütung;
  2. Überwachung der Ausführung der Arbeit auf elektronischem Wege;
  3. Einschränkung der Möglichkeiten, Arbeits- oder Abwesenheitszeiten frei zu wählen, Aufgaben anzunehmen oder abzulehnen oder Unterauftragnehmer oder Ersatzkräfte in Anspruch zu nehmen;
  4. Festlegung bestimmter verbindlicher Regeln in Bezug auf Erscheinungsbild und Verhalten gegenüber dem Empfänger der Dienstleistung bzw. in Bezug auf die Arbeitsleistung;
  5. Einschränkung der Möglichkeit, einen Kundenstamm aufzubauen oder Arbeiten für Dritte auszuführen.

In einer Vielzahl von Fällen dürften diese Kriterien erfüllt und die Betroffenen damit als Arbeitnehmer der Plattform einzustufen sein. Diese gesetzlich angeordnete Vermutung kann zwar von den Plattformbetreibern widerlegt werden, sie tragen aber insoweit die Darlegungs- und Beweislast und damit letztlich Aufwand und Risiko. Die weiteren maßgeblichen Inhalte des Entwurfs sowie eine kurze Einordnung finden Sie hier.

Bewegung in Brüssel

Nachdem wir in unserem letzten Beitrag davon ausgegangen waren, dass dieses Vorhaben – auch aufgrund gleichlaufender Bestrebungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales – mit einer gewissen Dringlichkeit verfolgt würde, geschah das Gegenteil. Das Vorhaben verfiel in einen Dornröschenschlaf, aus dem es nun jedoch erwacht.

Nach einer Pressemitteilung des Europäischen Rats sowie des Rats der Europäischen Union, haben sich Unterhändler in Brüssel auf einen Entwurf der Richtlinie verständigt, dessen zentraler Bestandteil weiterhin die oben genannte Fiktion und damit nicht mehr und nicht weniger als ein Frontalangriff auf das derzeitige Geschäftsmodell vieler Plattformbetreiber ist. Gleichzeitig stellt der Entwurf auch eine in seiner Tragweite nicht zu unterschätzende Neuerung bei der Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit zu abhängiger Beschäftigung dar. Die dahinterstehende Abgrenzungsfrage wird gegenwärtig anhand einer Gesamtabwägung aller Kriterien des Einzelfalls vorgenommen. Die Umsetzung der Richtlinie würde dazu führen, dass diese Frage anhand eines konkreten Fragenkataloges beantwortet und in den meist überwiegenden Fällen zur Einordnung der Plattform-Kooperationspartner als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und Arbeitnehmer führen würde.

Die Ergebnisse der für die kommenden Woche geplanten Beratungen der EU-Botschafter aller Mitgliedstaaten sind daher genau zu beobachten. Anders als üblich, gilt die zur Verabschiedung notwendige Zustimmung des EU-Ministerrates sowie des Europaparlamentes nicht als sicher. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Mitgliedstaaten positionieren. Ein Zufluss in die angeschlagenen Sozialversicherungssysteme erscheint vielfach wünschenswert. Gleichzeitig hadert man im gegebenen konjunkturellen Umfeld mit dem Aufbau von Investitionshemmnissen und der ggfs. abschreckenden Wirkung auf Investoren.

Letztere dürften die Entwicklung ohnehin genau beobachten, denn vielfach hätte eine Einstufung aller eingesetzten Personen als Arbeitnehmer weitreichende – oft negative – Konsequenzen für die Rentabilität einer Plattform.

Wir jedenfalls werden diese Entwicklung für Sie weiterhin genau beobachten und Sie über alle Neuerungen an dieser Stelle informieren.

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