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Keine Ausnahme von den vorgesehenen Wegen zur Beweis­aufnahme im internationalen Rechts­verkehr aufgrund Corona

22.04.2021

Die Corona-Krise dauert und dauert. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr.

Zu Beginn der Pandemie wurden viele Zeugeneinvernahmen im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr erstmal auf Eis gelegt. Reisebeschränkungen und die Tatsache, dass sowohl die U.S. Konsulate als auch die Konsulate Kanadas, die sonst bei grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen unterstützend tätig werden, ihre Tätigkeit auf das absolut notwendige konsularische Minimum zurückgefahren oder gar ganz eingestellt haben, haben Beweisaufnahmen im grenzüberschreitenden Bereich erheblich erschwert.

Nun, ein Jahr später, da sich die Situation noch nicht geändert hat, mehren sich die Anfragen aus Übersee, ob von den traditionellen Rechtshilfewegen abgewichen werden kann. Denn die Parteien werden ungeduldig – sie wollen verständlicherweise mit ihren in den U.S.A. oder Kanada geführten Verfahren vorankommen und nicht länger Beweisaufnahmen auf unbestimmte Zeit hinausschieben.

Die Zulässigkeit einer Beweisaufnahme in Deutschland, insbesondere einer Zeugenbefragung eines in Deutschland ansässigen Zeugen, für ein in den U.S.A. oder Kanada geführtes Gerichtsverfahren beurteilt sich grundsätzlich nach internationalem Recht.

Im Falle einer Beweisaufnahme, deren Ergebnis in einem vor einem U.S. Gericht anhängigen Verfahren verwertet werden soll, findet das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18. März 1970, kurz Haager Beweisaufnahmeübereinkommen, Anwendung. Danach ist die Beweisaufnahme entweder nach entsprechendem Antrag an die im jeweiligen Bundesland zuständige Zentrale Behörde, wie bspw. in NRW der Präsident des Oberlandesgerichts, über das zuständige Rechtshilfegericht möglich. Bei positiver Bescheidung des Antrags wird dann die Zeugenbefragung durch einen deutschen Richter durchgeführt. Alternativ kann bei freiwilligen Zeugen, die Zeugeneinvernahme durch Rechtsanwälte in Anwesenheit des U.S. Konsularbeamtens im U.S. Konsulat durchgeführt werden. War es bereits vor Covid schwierig, einen Termin zur Zeugeneinvernahme beim U.S. Konsulat zu erhalten, ist dies nun durch Reduzierung der Tätigkeiten des U.S. Konsulats auf das absolut konsularisch Notwendige faktisch unmöglich geworden.

Kanada ist dem Haager Beweisaufnahmeübereinkommen nicht beigetreten. Für eine Beweisaufnahme im grenzüberschreitenden Rechtshilfeverkehr mit Kanada findet das Deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20. März 1928 Anwendung. Die Möglichkeiten zur Beweisaufnahme ähneln aber denen des Haager Beweisaufnahmeübereinkommens. Nach dem Deutsch-Britischen Abkommen ist eine Vernehmung entweder über einen kanadischen Konsularbeamten oder über ein deutsches Rechtshilfegericht möglich. Auch die kanadischen Konsulate und insbesondere Global Affairs Canada haben ihre Unterstützung bei Beweisaufnahmen für Verfahren in Kanada vorübergehend und mit unbestimmten Ende eingestellt.

Eine Ausnahme von den Regelungen weder des Haager Beweisaufnahmeübereinkommens im Deutsch-U.S.-amerikanischen Rechtsverkehr noch des Deutsch-Britischen Abkommens im deutsch-kanadischen Rechtsverkehrs bedeutet dies aber nicht:

Die völkerrechtlichen und deutschrechtlichen Vorgaben des Rechtshilfeverkehrs sind weiterhin einzuhalten. Ein internationales Abkommen macht keine Pause oder wird durch eine Pandemie vorübergehend ausgesetzt. Die Pandemie rechtfertigt damit keine von dem vorgenannten Abkommen abweichenden besonderen Verfahrensweisen.

Im Gegensatz zu den Konsulaten arbeiten die deutschen Rechthilfegerichte uneingeschränkt, so dass insbesondere die Möglichkeit eines Rechtshilfegesuchs über die Zentrale Behörden eine echte und die einzig richtige Alternative ist. Für entsprechende Anfragen ist der im jeweiligen Abkommen vorgesehene Übermittlungsweg einzuhalten.

Eine Beweisaufnahme außerhalb der entsprechenden Abkommen ist unzulässig und wird als Eingriff in deutsche Hoheitsrechte gewertet.