Empfehlung des Europarates zur Netzneutralität
Der Europarat, Hüter der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), hat in seiner Sitzung am 13. Januar 2016 eine Empfehlung zur Netzneutralität verabschiedet (Empfehlung CM/Rec(2016)1). Die internationale Organisation ruft ihre Mitglieder auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die in der EMRK garantierten Rechte auf den Schutz persönlicher Daten sowie die Meinungsäußerungsfreiheit zu schützen und zu fördern.
Konkret sollen die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit allen relevanten Stakeholdern notwendige Maßnahmen ergreifen, um Netzneutralität als leitendes Prinzip in ihrem nationalen Rechtsrahmen zu verankern. Als Vorbild sollen den Mitgliedern Richtlinien gelten, die der Europarat in einem Anhang zur Empfehlung auflistet. Danach gelte der Grundsatz, dass jeder Datenverkehr im Internet gleich behandelt werden solle und zwar „ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Beeinflussung unabhängig von Sender, Empfänger, Inhalt, Anwendungsbereich, Dienstleister oder Gerät“. Entsprechend dem bei Grund- und Menschenrechten üblichen Schrankenvorbehalt und ihrer abgeschwächten (nur mittelbaren) Schutzwirkung gegenüber Maßnahmen Privater formuliert der Europarat allerdings auch Grenzen der Netzneutralität. So sei ein angemessenes Verkehrsmanagement in Ausnahmefällen zulässig, zum Beispiel bei Netzüberlastung oder zur Aufrechterhaltung der Integrität und Sicherheit des Netzes oder zur Umsetzung von Gerichts- bzw. Regulierungsanordnungen. Darüber hinaus dürfen Provider Mindestqualitätsstandards für Spezialdienste anbieten solange die generelle Qualität des Internetzugangs für andere Nutzer dadurch nicht beeinträchtigt wird und die Anforderungen an den Schutz der Privatsphäre aus der EMRK eingehalten werden. Internetanbieter sollen ihre Kunden zudem transparent und deutlich darauf hinweisen, welche Formen des Netzwerkmanagement sie einsetzen.
Damit ähneln die Grundsätze welche der Europarat aufstellt in weiten Teilen den EU-Regeln zur Netzneutralität, welche das EU-Parlament im Oktober 2015 in der Verordnung „über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union“ verabschiedet hatte. Anders als die EU-Netzneutralitätsverordnung ist die Empfehlung des Europarates aber rein programmatischer Natur und hat keinen rechtlich bindenden Charakter.
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