Einkauf in der Krise
Unweigerlich offenbaren die Herausforderungen unserer Zeit (wie z.B. die Corona- oder Ukrainekrise) und die damit verbundene Knappheit bestimmter Rohstoffe und Materialien auch ihre wirtschaftlichen Auswirkungen auf unser Leben. Neben Öl, Gas und Kohle stiegen auch bei Metallen wie Gold, Eisenerz, Aluminium, Kupfer oder Palladium sowie bei Baustoffen wie Bitumen, Asphalt, Beton und Holz die Preise enorm. Die Verknappung des Angebots hat längst massiven Einfluss auf die Lieferketten. Nun führen auch noch die von der chinesischen Staatsführung seit August 2023 eingeführten Ausfuhrkontrollen für Gallium und Germanium zu neuen Unsicherheiten in der Automobil-, Telekommunikations- und Rüstungsindustrie und lassen die Hoffnung auf eine Entspannung der Halbleiterkrise schwinden.
Unternehmen stehen daher weiterhin vor der Herausforderung, ihren Warenbezug zu sichern und sich zugleich so auszurichten, dass sie gezielt auf erhebliche Preisschwankungen reagieren können. So sehen sich Lieferanten den Forderungen ihrer Kunden auf eine vollständige Lieferung zu den vereinbarten Konditionen gegenüber, während krisenbedingt gestörte Lieferketten die vollständige Bedienung aller Forderungen unwirtschaftlich oder gar unmöglich machen könnte. Außerdem ist im Falle von Lieferengpässen zu klären, wie eine plötzlich nur begrenzt verfügbare Menge an bereits bestellten Vertragsprodukten auf mehrere Vertragspartner verteilt und wirtschaftliche Schäden allgemein verringert werden können. Wie etwa sind knappheitsbedingte Vertragsstörungen rechtlich zu handhaben, wenn keine explizite vertragliche Regelung dafür vorgesehen ist? Und macht sich ein Lieferant schadensersatzpflichtig, wenn er nur begrenzt zur Verfügung stehende Materialien nicht gleichmäßig unter all seinen Kunden verteilt? Welche Möglichkeiten haben Lieferanten und Abnehmer um mit gestiegenen Rohstoffpreisen umzugehen?
Derartige Fragen müssen einzelfallbezogen geklärt und das weitere Vorgehen rechtlich und tatsächlich durchdacht werden. Die Erfahrung zeigt, dass eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung in Krisenzeiten selbst bei langjährigen Geschäftsbeziehungen nachträglich nur schwer oder gar nicht mehr gefunden werden kann. Da hilft es auch nicht, dass die gesetzlichen Institute wie die tatsächliche/wirtschaftliche Unmöglichkeit oder die Störung der Geschäftsgrundlage in der Regel nur in seltenen Ausnahmefällen Anwendung finden. Grundsätzlich ist es zur Absicherung der eigenen Lieferketten daher sinnvoll, Einkaufsverträge vorausschauend zu gestalten und rechtssichere Regelungen für den Umgang mit unerwarteten Störungen in der Lieferkette schon bei Vertragsschluss zu treffen.