Einigung über die Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems
Die Trilog-Verhandler des Europäischen Parlaments, des Rates und der Europäischen Kommission (im Folgenden die „Kommission“, zusammen die „EU-Organe“) haben sich am 18. Dezember 2022 auf den vorläufigen Text für den Vorschlag zur Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems (im Folgenden „EHS“) geeinigt. Dieser Meilenstein folgte nur wenige Tage nach einer ähnlichen vorläufigen Einigung über die CO₂-Grenzsteuer der EU auf bestimmte importierte Produkte, auch CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism – im Folgenden „CBAM“) genannt (siehe unsere entsprechende News-Meldung hier).
Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen über die Reform des EHS bildet einen bedeutenden Meilenstein auf dem Weg zur Annahme der weichenstellenden europäischen Rechtsvorschriften über den CBAM, die für Anfang des kommenden Jahres erwartet wird.
Das EU-EHS und der CBAM
Sowohl der Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union (im Folgenden EHS-Richtlinie) als auch der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines CO₂-Grenzausgleichssystems sind Teil des von der Kommission im Juli 2021 vorlegten Pakets „Fit für 55“. Ziel dieses Pakets ist es, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.
Das EHS ist ein CO₂‑Markt, der auf festen Emissionsobergrenzen und dem Handel mit Emissionszertifikaten für energieintensive Industriezweige und den Stromerzeugungssektor beruht. Mit der Reform des Systems soll die EHS-Richtlinie an das im Europäischen Klimagesetz niedergelegte Ziel, die Nettotreibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken, angeglichen werden.
Die Verhandler des Rates und des Europäischen Parlaments verständigten sich darauf, das übergeordnete Ziel der Emissionssenkungen in den unter das EHS fallenden Sektoren auf 62 % bis 2030 zu erhöhen. Zur Erreichung dieses Ziels schlagen sie eine stärkere jährliche Senkung vor. Zudem wird das System auf weitere Wirtschaftssektoren wie den Seeverkehr ausgeweitet. Bis 2027 wird ein getrenntes EHS für Emissionen aus dem Gebäude- und dem Straßenverkehrssektor („EHS II“) eingerichtet, wobei die Möglichkeit besteht, dieses im Falle außergewöhnlich hoher Energiepreise auf 2028 zu verschieben.
Durch das ETS werden Sektoren, bei denen ein Risiko der Verlagerung von CO₂-Emissionen besteht und die in einer Liste energieintensiver Industriesektoren bestimmt sind, kostenlose Zertifikate zugeteilt. Mit der Einführung des CBAM wollen die EU-Organe den CO₂-Preis zwischen inländischen Produkten und Importen angleichen, kostenlose Zertifikate gezielter zuordnen und Anreize für die Einführung von CO₂-armen Technologien und die Senkung von Treibhausgasemissionen durch Drittländer schaffen.
Der CBAM soll das EHS ergänzen und dient als alternatives Mittel bei der Verringerung des Risikos einer Verlagerung von CO₂-Emissionen durch Zuteilung kostenloser EHS-Zertifikate an energieintensive Industriesektoren. Die gegenwärtige kostenlose Zuteilung von Zertifikaten im Rahmen des EHS wird schrittweise abgeschafft, während der CBAM parallel schrittweise eingeführt wird. Der Rat und das Europäische Parlament haben sich nun konkret darauf verständigt, die kostenlose Zuteilung von EHS-Zertifikaten für die vom CBAM umfassten Sektoren über den Neunjahreszeitraum von 2026 bis 2034 zu beenden. Bis zum Ende der freien Zuteilung gilt der CBAM nur für den Teil der Emissionen, für den keine kostenlosen Zertifikate gemäß dem EHS erteilt werden. Ein Übergangszeitraum, in dem Importeure zur Meldung der mit ihren Waren verbundenen grauen Emissionen verpflichtet sind, ohne finanzielle Anpassungszahlungen leisten zu müssen, beginnt bereits am 01. Oktober 2023. Sobald der CBAM voll funktionsfähig ist, müssen Importeure eine Zulassung bei einer zentralen CBAM-Behörde einholen und CO₂-Zertifikate entsprechend dem CO₂-Preis erwerben, den sie für die Herstellung der betreffenden Waren in der EU hätten zahlen müssen.
Der CBAM wird für alle Importe aus Drittländern (ausgenommen Drittländer, die am EHS oder einem damit verbundenen Mechanismus teilnehmen) aus einer begrenzten Anzahl emissionsintensiver Sektoren gelten, bei denen ein erhöhtes Risiko einer Verlagerung von CO₂-Emissionen besteht: Eisen und Stahl, Zement, Aluminium, Düngemittel, Stromerzeugung, Wasserstoff, bestimmte Vorprodukte und einige nachgelagerte Produkte wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl. Unter bestimmten Umständen sind auch mittelbare Emissionen umfasst. Die Kommission wird vor Ende des Übergangszeitraums die Einbeziehung weiterer Waren prüfen, bei denen das Risiko einer Verlagerung von CO₂-Emissionen besteht, darunter organische chemische Erzeugnisse und Polymere, und sie wird auch das Risiko einer Verlagerung von CO₂-Emissionen für Waren beurteilen, die in der EU produziert, jedoch in Drittländer ausgeführt werden. Gegebenenfalls wird die Kommission einen gesonderten Legislativvorschlag dazu vorlegen.
Nächste Schritte
Nachdem der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen über die Reform des EHS erklärte Voraussetzung für die Erzielung einer abschließenden Vereinbarung über den CBAM war, bringt uns die vorläufige Einigung über das EHS auf dem Weg zu einer Finalisierung der Rechtsvorschriften über den CBAM in naher Zukunft einen entscheidenden Schritt weiter.
Für die endgültige Annahme müssen sowohl die vorläufige Einigung über den CBAM als auch die vorläufige Einigung über die Überarbeitung des EHS nun von den zwei Co-Gesetzgebern, dem Rat und dem Europäischen Parlament, förmlich angenommen werden. Die neuen Rechtsvorschriften treten 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft, die voraussichtlich im März/April 2023 erfolgen wird.