Deutschland: Kartellschadenersatzprozesse – Eine lebhafte Debatte über Wirkungen der einzelnen Kartelle steht bevor
Die nähere Zukunft wird Bewegung in die laufenden Kartellschadensersatzprozesse und lebhafte Debatten über Wirkungen einzelner Kartelle und die Anforderungen an den Vortrag der Parteien hierzu sowie voraussichtlich auch erste Entscheidungen in diesem Zusammenhang bringen. Der Bundesgerichtshof („BGH“) hatte 2018 gleich zwei wichtige Rechtsfragen entschieden und so die Voraussetzungen dafür geschaffen:
- Der Kartellsenat des BGH hat einerseits klargestellt, dass auch Ansprüche vor Juli 2005 von der Verjährungshemmung durch das Verfahren der Kartellbehörde profitieren (siehe ausführlich hier).
- Andererseits hat er kurz vor Jahresende entschieden, dass Kläger sich im Hinblick auf die Kartellbetroffenheit und die Frage, ob ihnen irgendein Kartellschaden entstanden ist, nicht auf einen Anscheinsbeweis berufen können (siehe hier). Zwar erkennt der BGH an, dass eine tatsächliche Vermutung in bestimmten Fällen für einen Schaden spricht und auch für eine Betroffenheit, wenn Erwerbe sachlich, zeitlich und räumlich von dem festgestellten Kartellverstoß erfasst sind. Allerdings ist auch der Vortrag der Beklagten umfassend zu berücksichtigen.
Damit werden Gerichte in der Zukunft deutlich umfassender als bislang eigene Feststellungen zum Gegenstand der Kartellrechtsverstöße, den Marktgegebenheiten, der Eigenart der betroffenen Produkte und Verhandlungen sowie den Kartellbeteiligten treffen müssen. Aufgrund der Vielzahl anhängiger Verfahren wird dies eine spannende Entwicklung in 2019 sein. Für jedes betroffene Unternehmen ist dabei wichtig, in Kartellschadensersatzprozessen für das Gericht nachvollziehbar aufzuzeigen und im Zweifel zu beweisen, warum – aus der Perspektive des Klägers – ein Anspruch wegen des konkret festgestellten Kartells besteht oder – aus Sicht eines beklagten Unternehmens – eben gerade nicht. Zudem laufen Ende 2019 einzelne durch die 9. GWB-Novelle verlängerte Verjährungsfristen ab, so dass im Hinblick auf manches Kartell auch die Zeit für eine Klage abläuft.
Möglicherweise geschädigte Unternehmen und solche, die sich Kartellschadensersatzforderungen ausgesetzt sehen könnten, sollten vor diesem Hintergrund hierzu eingehenderen Rechtstat suchen.