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Folgen der GroKo für das Insolvenzrecht

27.02.2018

Nachdem der CDU Parteitag einer Fortsetzung der Koalition mit der SPD zugestimmt hat und sich auch an der SPD-Basis eine Mehrheit dafür abzuzeichnen scheint, lohnt sich ein erster Blick auf die insolvenzrechtlichen Vereinbarungen des Koalitionsvertrages. Als Programmsatz stellt die potentielle neue Regierung klar, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger ohne Einschränkung bewahrt werden soll.

Vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren

Unter dem Titel „Erfolgreiche Wirtschaft für den Wohlstand von morgen“ verpflichten sich die Koalitionsparteien dazu, „gemeinsam mit Frankreich konkrete Schritte zur Verwirklichung eines deutsch-französischen Wirtschaftsraums mit einheitlichen Regelungen (vor allem) im Bereich des Unternehmens- und Konkursrechts zu vereinbaren und sich für eine Harmonisierung der Regelungen zur Vollendung des europäischen Binnenmarkts einzusetzen“ (Zeilen 2491 – 2496). Unter diese etwas unscheinbare Formulierung lässt sich die viel diskutierte Einführung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens fassen. Nach Erlass einer entsprechenden Richtlinie der Europäischen Union, welcher derzeit im Entwurf vom Rat und dem Europäischen Parlament beraten wird, ist Deutschland zur Einführung eines solchen Verfahrens verpflichtet (vgl. hierzu auch unseren News-Beitrag zum Präventiven Restrukturierungsrahmen), hat bislang aber wenig Konkretes unternommen. Frankreich hat bereits ein entsprechendes Verfahren. Der Koalitionsvertrag lässt hoffen, dass es in dieser Legislaturperiode auch in Deutschland ein solches Verfahren geben kann.

Insolvenzantragspflichten

CDU/CSU und SPD möchten „die Insolvenzantragspflichten im Lichte der europäischen Vorgaben zum Restrukturierungs- und Insolvenzrecht sowie unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen bei Naturkatastrophen reformieren“ (Zeilen 6228 f.).

In der Vergangenheit wurde die Insolvenzantragspflicht des § 15a Abs. 1 InsO bei Naturkatastrophen immer wieder ausgesetzt, um die Betroffenen nicht vorschnell in ein Verfahren zu zwingen, bevor nicht final klar ist, ob die ihnen zustehenden staatlichen Hilfen oder Leistungen ihrer Versicherungen für eine Beseitigung eines bestehenden Insolvenzantragsgrunds ausreichen. Diese Einzelfallregelungen könnten nun abstrakt in der Insolvenzordnung normiert werden.

Digitalisierung, Lizenzen und Berufsrecht der Insolvenzverwalter

Die künftige Bundesregierung möchte die Digitalisierung unter dem Titel „Rechtsfolgen der Digitalisierung“ auch im Bereich des Insolvenzrechts und vor allem des Insolvenzverfahrensrechts vorantreiben (Zeilen 6223 f.). „Insolvenzverfahren 4.0“ steht derzeit auch in vielen Verbänden oder Arbeitsgruppen auf der Agenda, sodass mit entsprechender Unterstützung zu rechnen ist. Ziel ist, die Verfahrensabläufe effizienter und einfacher zu gestalten. Dies könnte auch dazu führen, dass bei Insolvenzgerichten weniger Personal für die Bearbeitung eines Insolvenzverfahrens notwendig ist und Kosten gespart werden. Gleichzeitig können Informationen einfacher an Verfahrensbeteiligte kommuniziert werden, was die Transparenz erhöht.

Thematisch eher überraschend finden sich unter diesem Titel auch die geplanten Änderungen zum Berufsrecht der Insolvenzverwalter und Sachwalter (Zeilen 6219 – 6223). Es sollen Rahmenbedingungen für die Berufszulassung und -ausübung geschaffen werden, um eine qualifizierte und zuverlässige Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten und die Qualität der Aufsicht über eigenverwaltende Schuldner zu sichern.

Lizenznehmer sollen nach den Plänen der CDU/CSU und SPD künftig im Insolvenzfall des Lizenzgebers besser geschützt werden (Zeilen 6226 f.). Derzeit besteht das Risiko, dass eine erworbene Lizenz aufgrund eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Lizenzgebers für den Lizenznehmer nicht mehr zur Verfügung steht, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages ablehnt. 2007 und 2012 war bereits ein neuer § 108a InsO in der Diskussion, der dann aber nicht in geltendes Recht umgesetzt wurde. Es zeichnet sich insofern ein neuer Reformversuch in diesem gerade auch für Internetunternehmen wichtigen Feld ab.

Regelungen zur Gründungsförderung, insolvenzfeste Altersvorsorge für Selbstständige und Bauträgerinsolvenzen

Der Entwurf des Koalitionsvertrags sieht auch vor, dass in dieser Legislaturperiode Hürden für den Gründungsprozess abgebaut werden und vor diesem Hintergrund Änderungen des Insolvenzrechts geprüft werden (Zeilen 1855 f.).

Die Koalitionsparteien planen, dass Selbstständigen insolvenz- und pfändungssichere Vorsorgearten als Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung zur Verfügung gestellt werden sollen, welche in der Regel zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen müssen (Zeilen 4307 – 4311).

Schließlich will die künftige Bundesregierung Erwerber von Bauträgerobjekten für den Fall der Bauträgerinsolvenz besser absichern (Zeilen 5857 f.). Hierdurch werden vor allem Verbraucher weiter geschützt, die von einer solchen Insolvenz besonders betroffen sind. Zum 01.01.2018 traten bereits die 2017 beschlossenen Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Bauträgervertrag in Kraft (§§ 650u und 650v BGB).

Fazit: das Insolvenzrecht wird in Bewegung bleiben

Das Insolvenzrecht wurde bereits in der letzten Legislaturperiode umfassend auf deutscher und europäischer Ebene reformiert, was teils zu umfassenden Änderungen führte. Die Vorhaben für die nächsten vier Jahre lassen vermuten, dass das Insolvenzrecht – vor allem auch angestoßen durch die Reformvorhaben der Europäischen Kommission – Änderungen erfahren wird. Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger – und damit ist auch der Fiskus gemeint – soll ohne Einschränkung gewahrt werden.

Folgende Artikel informieren Sie über Änderungen der letzten Legislaturperiode:

 
 
 

Den Text des Koalitionsvertrags können Sie hier oder hier abrufen.