News

BGH entscheidet zur Rechtsfigur der „Kundenanlage“ im EnWG

13.05.2025

Nachdem der EuGH im November entschieden hatte, dass die deutsche Rechtsfigur der Kundenanlage in § 3 Nr. 24a EnWG nicht mit Unionsrecht vereinbar ist (wir berichteten), hat heute der Bundesgerichtshof (BGH) die mündliche Verhandlung des Ausgangsverfahrens (EnVR 83/20) fortgesetzt und die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Dabei gab der BGH auch Hinweise, wie Energieanlagen, die bislang als Kundenanlagen von der Netzregulierung ausgenommen sind, künftig zu behandeln sein könnten.

Kundenanlagen dürfen kein Verteilernetz sein

Die Richter des Kartellsenats des BGH ließen erkennen, dass sie das EuGH-Urteil (Rs. C-293/23) auf Konstellationen wie im streitgegenständlichen Fall beschränken könnten, in denen ein Verteilernetz vorliegt.

Im entschiedenen Fall ging es um die elektrische Versorgung von zwei Grundstücksflächen mit 9.000 und 25.500 Quadratmetern, auf denen sich vier bzw. sechs Wohnblöcke mit insgesamt über 200 Wohneinheiten befanden. Diese sollten jeweils über ein Blockheizkraftwerk und ein elektrisches Leitungssystem mit Strom versorgt werden. Der Betreiber der Anlagen ersuchte den Netzbetreiber um Anschluss als Kundenanlagen und die Bereitstellung der nötigen Zählpunkte.

Wie der BGH nun andeutete, könnte das Urteil des EuGH sich auf solche Netz-ähnlichen Konstellationen beschränken. Ausweislich der Pressemitteilung sei § 3 Nr. 24a EnWG richtlinienkonform so auszulegen, dass eine Kundenanlage nur dann gegeben sei, wenn sie kein Verteilernetz im Sinne der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie sei. Im streitgegenständlichen Fall seien die Leitungsanlagen aber ein Verteilernetz in diesem Sinne, weil sie der Weiterleitung von Elektrizität, die zum Verkauf an Endkunden durch die Antragstellerin bestimmt ist, dienen würden. Der BGH wies daher die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zurück.

Schicksal übriger Kundenanlagen zu prüfen

Damit bleibt die Figur der Kundenanlage für Anlagen, die kein Verteilernetz darstellen, aber noch erhalten. Als solche unregulierte Kundenanlagen werden insbesondere Hausverteilanlagen in Mehrfamilienhäusern diskutiert, weil diese nicht unter den Begriff des „Netzes“ fallen würden. Dies würde vor allem die Situation von Vermietern erleichtern, auch wenn diese über Photovoltaik-Anlagen Strom erzeugen und als Mieterstrom an ihre Mieter verkaufen. Diese müssten dann nicht die Pflichten eines Netzbetreibers erfüllen.

Ob dies für größere Quartierslösungen oder andere Formen von Kundenanlagen gilt, ist anhand der Entscheidungsgründe näher prüfen. Der vollständige Beschluss des BGH liegt derzeit indes noch nicht vor. Zur zugrundeliegenden EuGH-Entscheidung bereits unser vorheriger Beitrag.

Ausblick

Die Veröffentlichung des vollständigen Beschlusses des BGH wird in Kürze erwartet. Wir werden hierüber in einem gesonderten Beitrag berichten.

Ab diesem Zeitpunkt wird der Gesetzgeber gefordert sein, Klarheit durch eine europarechtskonforme Neuregelung im EnWG zu schaffen. Wie diese aussehen wird, hängt allerdings auch davon ab, ob der BGH für die bisherigen Kundenanlagen noch einen nennenswerten Spielraum sieht.

Bestens
informiert

Jetzt unseren Newsletter abonnieren, um zu aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben.

Jetzt anmelden